…aus der philippinischen Presse
PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD
Mittwoch, den 24. Oktober 2018
Sakada – Praesident Rodrigo Roa Duterte war wegen schlechten Wetters nicht bei der Totenwache der neun Zuckerrohr-Arbeiter, die in Sagay City, Negros Occidental, erschossen wurden. Mich interessierte das nicht, bis ich im “Daily Tribune” eine Kolumne von Aldrin Cardona und Dinah S. Ventura fand mit der Ueberschrift “Sakada” und dem Untertitel “Unser Zucker wird in Blut gewaschen”. Mit “Sakada” werden Arbeiter bezeichnet, die von auszerhalb angeheuert und niedriger bezahlt werden als die einheimischen Arbeiter, lese ich im Tagalog-English-Dictionary von Leo James Englisch. Das Wort kommt aus dem Spanischen von “sacar ~ hereinholen”, hat also seine Tradition, und auf diese Tradition ging die Kolumne ein – das interessierte mich. Ich spitzte die Finger, und – dann war Brownout. Beschwerden, dass ich heute spaet dran bin, bitte an SOCOTECO II.
Die Schuldzuweisungen bei dem Sagay-Vorfall sind gleichverteilt. Die Regierung zeigt auf NPA (New People’s Army), Bauern-Verbaende zeigen auf die Regierung – man erinnert nur zu gut das Massaker am 20. September 1985 in der nahe gelegenen Stadt Escalante, bei dem 21 streikende Plantagen-Arbeiter von Regierungs-Truppen erschossen wurden. Sie hatten keine Ahnung, dass wenig spaeter die EDSA-Revolution Aenderungen versprach. Sie wussten nur um ihr Schicksal: “Wurde in Schulden geboren. Lebt in Schulden. Wird in Schulden sterben.”
Eine Land-Reform kam mit der Regierung von Corazon “Cory” Aquino erst nach dem Mendiola-Massaker, mit dem am 22. Januar 1987 in Manila ein Protest-Marsch von Farm-Arbeitern sein Ende fand, 13 Tote, 74 Verletzte. Die Reform CARP (Comprehensive Agrarian Reform Program) machte aber witzigerweise fuer die Hacienda Luisita ihres eigenen Cojuangco-Aquino-Clans eine Ausnahme. Folgerichtig loesten am 16. November 2004 Polizei und Armee einen Streik auf der Hacienda Luisita, Tarlac, mit Gewalt auf, 7 Tote, ueber 100 Verletzte.
Die Anwendung exzessiver Gewalt ist nichts Neues, und bei Landstreitigkeiten wird geschossen. Eine Land-Reform wurde nicht durchgefuehrt oder nicht vollendet, ein Haupt-Argument der Kommunisten. Die Gemenge-Lage ist aber weit komplexer, denn oft arbeitet die NPA mit den Groszgrund-Besitzern zusammen, die ihnen die “Revolutions-Steuer” zahlt und dafuer vor Land-Nehmern geschuetzt wird, denn nach einem Gesetz darf unbebautes Land von wem auch immer bebaut werden. Es gibt auf den groszen Haciendas aber auch richtige Privat-Armeen. Daneben gibt es noch das Militaer, das lokale Cafgus (Civilian Armed Forces Geographical Units) beschaeftigt, zivile Unterstuetzer vor Ort, und da gibt es NPA-nahe Aktivisten und Gewerkschafter, und die sind alle keine Waisenknaben. So wie Duterte von der Polizei sagte, dass da 60% Gauner drin sind, so kann man mit Fug behaupten, dass auch die Armee nicht zu 100% aus Engeln besteht.
Vor diesem Hintergrund nun das Sagay Massaker. Von den Opfern wird gesagt, dass sie Gewerkschaftler waren, Mitglieder der National Federation of Sugar Workers. Denen geht es nicht gut. Statt des irgendwo geregelten Mindestlohnes von 245 Peso pro Tag fuer Land-Arbeiter, bekommen sie laut Kilusang Magbubukid ng Pilipinas, eine Bauern-Bewegung, auf den Haciendas nur 80 bis 120 Peso pro Tag. Und so schreiben die Autoren der Kolumne im “Daily Tribune”: “Wenn es nicht die New People’s Army ist, dann ist es die Gewalt, die ausbricht, wenn es um das Land geht. Bauern sind dafuer gestorben, und Bauern sind dafuer auch ermordet worden.”
Es ist diese undurchsichtige Gemenge-Lage bei solchen Land-Streitigkeiten, die mich zoegern liesz, ueberhaupt darueber zu schreiben. Bevor nicht die Taeter gefasst sind und ein Gericht den Fall geklaert hat, laesst sich alles behaupten, einschlieszlich des Gegenteils – was soll ich jetzt dazu sagen?
Gemaesz “DailyTribune”, “PhilStar”, “ManilaBulletin”, “ManilaStandard” u.a.
Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.
Die Veröffentlichung in den PHILIPPINEN NACHRICHTEN erfolgt mit der Erlaubnis von Heiko Eckhard.