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aus der philippinischen Presse

 



 

PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD

Montag, den 10. August 2020

Zum Bild: Der Zankapfel Sabah 

 

Ueberfluessig… – …scheint ein Problem, betrachtet man den banalen Anlass, der es in die Medien brachte. Und so hielt ich das am 31. Juli fuer einen “Sturm im Wasserglas”, als ich dazu schrieb, dass Auszen-Minister Teodoro Locsin eine Verlautbarung der US-Botschaft kritisierte, die ankuendigte 500 Hygiene-Kits “fuer die 395 aus Sabah, Malaysia, zurueckkehrenden philippinischen Heimkehrer”. Locsin twitterte: “Sabah ist nicht in Malaysia … Sie sollten diese Ankuendigung besser redigieren, wenn Sie wissen, was fuer sie gut ist.” Es folgte diplomatisches Gerangel, das ich rasch vergessen wollte, weil im November 2016 Praesident Duterte und Premier Najib Razak vereinbarten, das auf die Seite zu stellen, weil ASEAN wichtiger ist.

Vergessen” erinnert mich jedoch an die Anekdote, als Immanuel Kant seinen langjaehrigen Diener Lampe mit Hilfe eines Kollegen, er selbst konnte das nicht, entlassen hatte, weil der ihn im Alter zu sehr schurigelte. Und da aergerte er sich umso mehr, weil er immer noch an den dachte. Da schrieb der Philosoph in sein Notizbuch, in das er alles schrieb, was er sich merken wollte: “Der Name Lampe muss unbedingt vergessen werden.

Ich komme mir aehnlich vor, wenn ich den Zank um Sabah “vergessen” will.

Im “Bulletin” lese ich unter der Ueberschrift “2 MNLF factions in deadly Sulu showdown” die Meldung, dass es am Samstag in Patikul, Sulu, zu einem Feuergefecht zwischen zwei Fraktionen der MNLF (Moro National Liberation Front) kam, die mit dem Tod von 2 Kaempfern und der Verwundung von 5 anderen endete. Darin heiszt es, “…dass Kaempfer, die unter dem MNLF-Gruendungs-Vorsitzenden Nur Misuari operierten, die vom MNLF-Vorsitzenden Yusop Jikiri organisierte MNLF-AKTF [MNLF-Anti-Kidnapping and Terrorism Task Force] angegriffen haben.” Jikiri hatte die Task Force vor einigen Jahren gegruendet, um die Aktivitaeten der ASG (Abu Sayyaf Group) in der Provinz zu beobachten und deren Plaene und Aktivitaeten an Regierungs-Truppen zu melden.

Also, nicht nur das Land ist gespalten, was den Zank um Sabah angeht – soll man das unter der Decke halten, wie vereinbart, oder Streit mit Malaysia riskieren, indem man das Projekt “Sultanat Sulu” verfolgt – nein, auch die MNLF ist sich uneins, ob man zur Regierung von Praesident Rodrigo Roa Duterte steht und Jikiri folgt, oder ob man mit Nur Misuari Gelueste auf muslimische Selbstaendigkeit in einem Sultanat Sulu hat, wofuer der sich ja auch an die OIC (Organisation of Islamic Cooperation) in Dschidda, Saudi-Arabien, wenden will.

Dass man dabei mit einer Gruppe in Konflikt geraet, die gegen den Abu Sayyaf-Terror agiert, ruft boese Erinnerungen wach. So schrieb ich im Mai 2016 in diesem Blog, dass von Abu Sayyaf entfuehrte Seeleute an die MNLF uebergeben wurden, die sie zum Gouvernor von Sulu auf Jolo brachte. Die Freilassung ging auf Vermittlung von Nur Misuari zurueck. Der soll auch eine fruehere Freilassung von Seeleuten initiiert haben.

Eine Verbindung von Nur Misuari zu Abu Sayyaf ist also gegeben, ob nun im Guten oder im Boesen kann von Fall zu Fall unterschiedlich ausfallen. So verwendete er sich 2016 auch fuer die Freilassung des von Abu Sayyaf entfuehrten Norwegers Kjartan Sekkingstad. Der Manager der Marina des Holiday Resort Oceanview im Norden von Samal, einer Insel vor Davao, war zusammen mit den Kanadiern John Ridsdel, Robert Hall und Marites Flor, Halls philippinischer Gefaehrtin, entfuehrt worden. Die beiden Kanadier wurden enthauptet, als das geforderte Loesegeld nicht gezahlt wurde. Marites Flor wurde als “Geste des guten Willens” entlassen, wie Abu Sayyaf verlauten liesz. Es ist aber Geld geflossen, wie Praesident Duterte zugab, als er sich in einem Interview verplapperte, und Sekkingstad kam frei.

Das war der “gute Bruder Nur”, der sich dann aber weigerte, sich mit den “Verraetern” der MILF (Moro Islamic Liberation Front) an einen Tisch zu setzen, als es um die Verhandlungen zu Bangsamoro ging, das ohne ihn zustande kam. Da Duterte nicht die Nur versprochene Loesung einer Foederation liefern konnte, zog der sich in den Schmollwinkel zurueck.

Nun waeren das nur beschraenkte Erinnerungen aus meinem Blog und damit irrelevant, kaeme diese Meldung im “Bulletin” nicht allein.

Im “Daily Tribune” befasst sich ein Artikel unter der Ueberschrift “Sabah papers razed?” mit der Frage, was ein Brand 2004 im Office of North Borneo Affairs des Auszen-Ministeriums mit dem philippinischen Anspruch auf Sabah zu tun haben koennte. Ein Kommentar dort bezichtigt unter der Ueberschrift “Traitor not a hero” den spaeter ermordeten Benigno “Ninoy” Aquino, der Plaene unter dem Diktator Ferdinand Marcos torpediert haben soll, Sabah zurueck zu erobern. Dazu zitiert der Kommentar Juan Ponce Enrile, der meint: “Es stand auszer Frage, dass die Philippinen Sabah wieder eingenommen haetten, haette Ninoy nicht eingegriffen. Malaysia verfuegte damals nicht ueber ein Militaer, sondern nur ueber Polizeikraefte.” Ein weiterer Kommentar im “Tribune” laesst sich ueber “Sabah and Duterte” aus und befindet: “Das Sultanat glaubt, dass Praesident Rodrigo Duterte Malaysia wieder an den Tisch bringen kann. Er hat die starke Fuehrung und den Willen, dies zu verwirklichen” In dieselbe Kerbe haut auch Rigoberto Tiglao in seiner Kolumne in der “Times” unter der Ueberschrift “Yellows silent on Malaysias grab of PH territory”, und fuer Mittwoch kuendgtt er die Fortsetzung der Attacke gegen die Liberalen an mit der These: “The Yellows surrendered part of our EEZ to Malaysia”.

Es geht aber nicht nur darum, den Liberalen die Schuld fuer den Verlust von Sabah in die Schuhe zu schieben. Wie in jedem handelsueblichen Chaos sind weitere Akteure zu beachten, wobei ich gar nicht mal die NPA (New People’s Army) denke. In einer dreiteiligen Artikelserie vom 7. August bis heute befasste sich “Minda News” mit dem Kampf der IP (Indogenous People) um ihre Stammesgebiete, in denen die Streiteren der diversen Fraktionen der Moros um mehr oder weniger Selbstaendigkeit mehr oder weniger gewaltsam ausgetragen werden. Es wuerde mein Blog sprengen, auf die historischen Ausfuehrungen der Artikel naeher einzugehen. Die IPs fielen in jedem Schritt der Verhandlunegn immer wieder durch den Rost, und so endet die Serie mit der Bemerkung des Anthropologen Augusto Gatmaytan zum Zusammenleben von IP und BARMM (Bangsamoro Autonomous Region in Muslim Mindanao): “Je frueher die BARMM-Regierung handelt, um Land- und Ressourcenrechte in der Region zu schuetzen, desto eher kann sie dazu beitragen, den Frieden und die Entwicklung von IP und Bangsamoro-Gemeinden zu sichern.

Mich beunruhigt dieses ploetzlich auftretende mediale Interesse fuer eine Frage, die ich schon fuer abgehakt hielt. Braut sich da etwas zusammen, und – was will Bruder Nur?

Aus Nachbars Sicht – Die Weltpolitik und besonders der Streit USA vs China beeinflusst nicht nur die Politik der Philippinen. Die EU befindet sich in aehnlicher Lage, insbesondere im Hinblick auf die Situation nach der Coronavirus-Pandemie, wenn man den heutigen Leitartikel der “Post” aus Hongkong betrachtet, den ich hier – uebersetzt mit DeepL – ungekuerzt zitiere:

China und die EU müssen Differenzen beiseite legen

“Beide Seiten haben einen zwingenden Grund, zu versuchen, zusammenzuarbeiten – sie brauchen einander mehr denn je in einer verwüsteten Weltwirtschaft nach einer Pandemie.

“In dem Maße, wie sich die Beziehungen zwischen China und den USA verschlechtern, wird die EU zu einer immer wichtigeren Quelle für Wissen, Technologie, Investitionen und Marktzugang werden. Aus diesem Grund wünschen sich Chinas Führer stärkere Beziehungen zur EU.

“China beschrieb die jüngsten hochrangigen Gespräche mit Europa über die wirtschaftliche Erholung und Zusammenarbeit nach der Pandemie als „tief, offen, pragmatisch und effektiv“.

“Das ist der Code für beide Seiten, unter dem Vorsitz von Vize-Premier Liu He und dem Exekutiv-Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Valdis Dombrovskis, da sie sich auf nichts Konkretes einigen konnten. Aber beide bleiben der Aushandlung eines historischen Investitionsvertrages verpflichtet. Die Gespräche treten in eine kritische Phase ein. Die Hoffnung, sie bis Ende des Jahres zum Abschluss zu bringen, ist jedoch gering.

“Die Forderungen der Europäischen Union sind nichts Neues, außer einer wachsenden Ungeduld mit der Erkenntnis, dass Peking noch einige Versprechen einhalten muss. Dazu gehören mehr Marktzugang, besserer Schutz der geistigen Rechte und weniger Einschränkungen bei der Geschäftstätigkeit. Die EU ist auch besorgt darüber, ob China eine Verhandlungstaktik des „Teile und herrsche“ gegen den 27-Mitglieder-Block anwendet.

“In dieser Hinsicht machen die Vereinigten Staaten dank der unilateralen Politik und Rhetorik von Präsident Donald Trump eine weitere Komplikation aus. Dies hat die EU und insbesondere Deutschland bis zu einem gewissen Grad entfremdet. Ob sich das innerhalb weniger Monate ändern wird, wenn es nach den kommenden Wahlen einen neuen Präsidenten gibt, bleibt abzuwarten.

“Die Hauptsorge der beiden großen europäischen Staaten – Deutschland und Frankreich – ist, wie die EU ein unabhängiger dritter Block bleiben kann, der weder China noch den USA zugeneigt ist.

“Dies würde ein Gleichgewicht zwischen den ideologischen Sorgen um China und der Realität widerspiegeln, dass die wirtschaftliche Erholung von einer guten Beziehung abhängt. Die EU sieht sich selbst in einer ausgleichenden Rolle zwischen China und den USA, um den Multinationalismus und ein globales Handelssystem zu sichern.

“Für China ist die EU wichtig, aber sie will keine einheitliche westliche Front gegen China sehen. Da sich die Beziehungen zwischen China und den USA verschlechtern, wird die EU zu einer immer wichtigeren Quelle für Wissen, Technologie, Investitionen und Marktzugang werden. Aus diesem Grund wollen Chinas Staats- und Regierungschefs stärkere Beziehungen zur EU. Gleichzeitig sind sie aber auch besorgt über die zunehmenden Beschränkungen, die Europa chinesischen Investitionen auferlegt.

“Peking sucht also nach einem Geben und Nehmen. Zu diesem Zweck hat es versprochen, nichts zu tun, um die EU zu destabilisieren. Die beiden Seiten haben einen zwingenden Grund, zu versuchen, zusammenzuarbeiten – sie brauchen einander mehr denn je in einer zerstörten Weltwirtschaft nach einer Pandemie.

 



 

Gemaesz “Manila Bulletin”, “Manila Times”, “Daily Tribune”, “Minda News”, “South China Morning Post” u.a. uebersetzt mit DeepL.

 

Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.

 

Die Presseschau von Heiko Eckard wird mit seiner Einwilligung und Erlaubnis in den PHILIPPINEN MAGAZIN mit NACHRICHTEN veröffentlicht

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