ERINNERUNGEN UND ERLEBTE GESCHICHTEN
Meine frühen Schiffsreisen
Bevor ich mit meinen frühen Schiffsreisen beginne, etwas ausholende Geschichte der damaligen Schifffahrt der Philippinen.
In der Ära der Kreuzfahrtschiffe wurden sie nicht nur größer, sondern auch schneller. So konkurrierten sie nicht nur bei der Ausstattung und dem Passagierservice, sondern auch bei den kürzeren Fahrzeiten, was nicht nur in den weit entfernten Häfen wie Davao, sondern auch in Städten wie Cebu und Cagayan de Oro wertvoll war. Mit schnellen Kreuzfahrtschiffen sank die Reisezeit nach Davao von dreieinhalb auf zweieinhalb Tage. Auch die Fahrtzeit nach Cebu konnte auf weniger als einen Tag gesenkt werden.
Die führende Reederei auf den lokalen Routen, Compania Maritima, war mit der Indienststellung der “Filipinas” im Jahr 1968 und der “Mindanao” im Jahr 1970 die erste im Bereich der schnellen Kreuzer. Beide waren in der Lage, 18 Knoten zu fahren, und das war damals die Referenzgeschwindigkeit, um als “schnell” zu gelten. Wie erwartet, wurden die beiden nacheinander auf der langen Davao-Route eingesetzt.
William Lines zog ab 1970 nach, als sie die brandneue “Misamis Occidental” bestellten, die ebenfalls 18 Knoten schaffte. Bald darauf folgte die legendäre “Cebu City”, die 20,5 Knoten schaffte und auf der wichtigen Manila-Cebu-Route eingesetzt wurde. William Lines ließ vier weitere schnelle Kreuzer folgen und hatte damit die größte Anzahl von Schiffen in dieser Kategorie. William Lines setzte ihre 20,5 Knoten schnelle “Manila City” auf der Davao-Route ein.
Sweet Lines hatte nicht wirklich einen schnellen Kreuzer, außer der ersten “Sweet Faith”, die sie auf der Hauptroute Manila-Cebu in hartem Wettbewerb mit der “Cebu City” von William einsetzten. Dieser Liner, der 1970 aus Dänemark kam, schaffte 20 Knoten. Sie hatte das Paar “Sweet Home” (das erste), das 1973 ebenfalls aus Europa kam. Sweet Lines bezeichnete die beiden als das “Unnachahmliche Paar”. Um auf der langen Davao-Route konkurrieren zu können, nutzte Sweet Lines die kürzere Ostküste auf der Route nach Davao. Mit dieser Taktik waren sie auch “schnell”, sozusagen.
Negros Navigation hatte mit der “Dona Florentina” und der schönen “Don Julio” auch ihren Anteil an schnellen Kreuzfahrtschiffen. Gekrönt wurde dies durch ihren damals schnellsten Kreuzer, die “Don Juan”, die 19 Knoten schaffte. Ein späteres Schiff, die “Don Claudio”, war mit 18,5 Knoten ebenfalls schnell, als sie noch in Japan war. Ich möchte anmerken, dass die Kreuzfahrtschiffe von Negros nicht wirklich in direkter Konkurrenz zu den anderen Schiffen standen, die damals auf den Routen der westlichen Visayas unterwegs waren.
Die Fragmente des Go Thong-Imperiums kamen im Segment der schnellen Kreuzfahrtschiffe zu spät. Vielleicht mussten sie nach ihrer Aufspaltung im Jahr 1972 erst einmal Bilanz ziehen und sich konsolidieren. Sulpicio Lines stieg erst 1975 in die Kategorie der schnellen Kreuzfahrtschiffe ein und war damit der letzte der großen Reedereien, die in diesem Bereich konkurrierten. Es ist anzumerken, dass Carlos A. Gothong Lines und Lorenzo Shipping nicht in dieser Kategorie folgten, ebenso wenig wie Aboitiz Shipping und Escano Lines. Nur Compania Maritima, William Lines, Sweet Lines, Negros Navigation und Sulpicio Lines nahmen an diesem Wettbewerb teil, aber eigentlich erwarb Compania Maritima nach dem Erwerb der “Mindanao” im Jahr 1970 keine weiteren Liner mehr, ob schnell oder nicht, obwohl sie in den folgenden Jahren viele Kaskoschäden hatten.
Sulpicio Lines erwarb 1975 die “Himeyuri Maru” von Ryukyu Kaiun KK, besser bekannt als RKK Line. Dieses Schiff wurde 1963 von Onomichi Zosen in der Onomichi-Werft in Japan gebaut. Sie maß 93,1 Meter mal 13,6 Meter und ihr Hubraum betrug 2.602 Bruttotonnen. Sie wurde von einem einzelnen Niigata-Motor mit 5.500 Pferdestärken angetrieben und ihre Höchstgeschwindigkeit betrug 18 Knoten. Nach der Umrüstung auf den Philippinen hatte sie eine Passagierkapazität von 1.424 Personen. Zu Ehren des Gründers erhielt sie den Namen “Don Sulpicio” und wurde zum Flaggschiff der Sulpicio Lines (es war das zweite Schiff, das diesen Namen in der Flotte trug). Nach einem Brand und einer Umrüstung wurde sie 1981 in “Dona Paz” umbenannt, das zweite Schiff, das diesen Namen in der Flotte der Sulpicio Lines trug (das erste war ein Ex-FS-Schiff). Ein schönes Schiff, das später leider mit großer Schmach verbunden war.
1976 erwarb Sulpicio Lines auch das Schwesterschiff der “Himeyuri Maru” von RKK Lines, die “Otohime Maru”, die drei Jahre später, 1966, ebenfalls von Onomichi Zosen in derselben Werft in Onomichi, Japan, gebaut wurde. Sie hatte das gleiche Niigata-Triebwerk mit 5.500 Pferdestärken. Allerdings war sie auf 19,5 Knoten ausgelegt. Sie war 97,6 Meter lang, 13,7 Meter breit und hatte einen Rauminhalt von 2.991 Bruttotonnen. Dieses Schiff wurde in “Dona Ana” umbenannt und zusammen mit der “Don Sulpicio” nannte Sulpicio Lines sie die “Big Two”. Mit ihnen kämpften die Sulpicio Lines um ihren Anteil an der Hauptroute Manila-Cebu. Später verlängerten sie die Route der “Dona Ana” nach Davao. Im Jahr 1980 wurde die “Dona Ana” in “Dona Marilyn” umbenannt. Sie fuhr die Route Manila-Iloilo-Zamboanga-Cotabato für Sulpicio Lines, bis ihr mit der Ankunft der “Cotabato Princess” die Route Manila-Catbalogan-Tacloban zugewiesen wurde. Sie hielt diese Route bis zu ihrem Ende.
Im Jahr 1978, als Sulpicio Lines stärker wurde, erwarb sie von RKK Lines nicht nur ein, sondern zwei weitere Schiffe, die eigentlich auch Schwesterschiffe waren, aber größer als das frühere Paar von Ryukyu Kaiun KK. Es handelte sich um die “Tokyo Maru” und die “Okinawa Maru” und wieder wurden beide von Onomichi Zosen in der Onomichi-Werft in Japan gebaut. Das erste Schiff wurde 1969 gebaut und das zweite 1973. Die “Tokyo Maru” hatte Abmessungen von 112,2 Metern mal 15,2 Metern und sie hatte ein Raummaß von 3.510 Bruttotonnen. Sie wurde von einem einzelnen Hitachi-B&W-Motor mit 6.150 PS angetrieben, der ihr eine Höchstgeschwindigkeit von 18,5 Knoten verlieh. Die “Okinawa Maru” maß 111,5 Meter mal 15,2 Meter mit einem Rauminhalt von 3.800 Bruttotonnen. Ihr Motor war ein einzelner Mitsubishi-MAN mit 7.600 Pferdestärken, der ihr eine Höchstgeschwindigkeit von 19 Knoten bescherte. Dieser Motor trieb übrigens auch die “Cotabato Princess”, “Nasipit Princess”, “SuperFerry 2”, “SuperFerry 5” und “Cagayan Bay 1” an.
Als Fußnote, viel später, als Kreuzfahrtschiffe nicht mehr en vogue waren, erwarb Sulpicio Lines einen weiteren schnellen Kreuzfahrtdampfer. Dies war die “Ogasawara Maru” von Tokai Kisen, die 1979 von Mitsubishi Heavy Industries in Shimonoseki, Japan, gebaut wurde. Sie maß 110,5 Meter mal 15,2 Meter und 3.553 Bruttotonnen. Sie wurde von zwei Mitsubishi-Motoren mit insgesamt 11.600 PS angetrieben und erreichte im Neuzustand eine Höchstgeschwindigkeit von 20,5 Knoten. Sie war hier als die “Prinzessin der Karibik” bekannt und kam 1997.
Wie die schnellen Kreuzfahrtschiffe der William Lines ereilte auch viele dieser schnellen Kreuzfahrtschiffe von Sulpicio ein düsteres Schicksal (aber im Allgemeinen überlebten sie länger und deshalb hat die PSSS – Philippine Ship Spotters Society noch Fotos von ihnen). Jeder kennt das Schicksal der “Dona Paz”, die am 20. Dezember 1987 in der Tablas Strait mit einem Tanker kollidierte, was zu einem hohen Verlust an Menschenleben führte.
Die “Dona Marilyn” hingegen ging am 24. Oktober 1988 auf dem Weg von Manila nach Tacloban in einem Taifun vor Biliran unter. Die “Philippine Princess” wurde am 5. Dezember 1997 während der Umrüstung in Cebu von einem Feuer getroffen. Sie wurde nach Manila geschleppt, wo sie abgewrackt wurde. Die “Iloilo Princess” wurde am 4. Juli 2003 während ihrer Umrüstung in Cebu von einem weiteren Feuer getroffen. Sie kenterte im Hafen und wurde ebenfalls abgewrackt.
Die “Dipolog Princess” war die einzige Überlebende der fünf. Sie gehörte zu den Schiffen der Sulpicio Lines, die als Folge des Kenterns der “Princess of the Stars” in einem Taifun im Juni 2008 ausgesetzt wurden. Sie ist nie wieder gesegelt und wurde nur im Mactan-Kanal verankert und später an der Sulpicio-Werft am Pier 7 in Mandaue, Cebu, festgemacht. Zusammen mit der “Princess of the Caribbean” wurde sie an chinesische Abwracker verkauft und im Januar 2011 in Xinhui, China, von der Jiangmen Yinhu Ship Breaking Company abgewrackt.
Nun gibt es auch Sulpicio Lines nicht mehr.
HIER BEGINNE ICH NUN MIT MEINEN SCHIFFFAHRTSERINNERUNGEN
MEINE FRÜHEN SCHIFFSREISEN
Mein erster Wohnort auf den Philippinen war Cebu und nachdem wir ein kleines Haus gebaut hatten, Minglanilla. Cebu – Manila war eine Prestige-Route für die Schifffahrtsgesellschaften. So machte ich 1979-1981 Bekanntschaft mit der William Lines und ihren Prestige-Dampfer der ‘Dona Virginia’. Mit dieser bin ich mehrmals die Strecke von Cebu nach Manila, wie auch zurück nach Cebu gefahren. Die günstigsten Tickets gab es für Klappbetten oben auf dem Deck, so zu sagen im Freien. Das war ein angenehmeres Reisen, als in den schon damals unterkühlten Eisboxen der unteren Decks. Allerdings konnte es einem schon mal passieren, dass man sein Klappbett von einer Ladeluke wieder wegnehmen musste, weil da noch ein Kran verspätete angelieferte Fracht einladen wollte.
Gleich im ersten Jahr, also 1979 machte ich auch Bekannschaft mit einem kleineren Schiff der George & Peter Lines von Cebu nach Zamboanga City und wieder zurück. Die Reise habe ich in dem Jahr zweimal gemacht und 1981 dann noch einmal.

Eine sehr abenteuerliche Schiffsfahrt habe ich mit einem Holzrumpf-Schiff von Cebu nach Ormoc (Leyte) gehabt. Im Beck befand sich auch die hölzerne Bar. Dort waren die Barhocker auf dem Holzboden verschraubt und es ging mächtig hoch und runter dort. Der Weg zu den Toiletten, auf den Philippinen liebevoll ‘C.R.’ für Comfort Room genannt, befanden sich am Ende des Hecks und das war dann schon wie Paternoster fahren. Auf dem Weg bin ich von Manila auch wieder zurückgekommen. Zweimal ein schönes Erlebnis gehabt, beim abendlichen Treffpunkt am Pier von Ormoc.
Als wir dann die folgenden Jahre in Cagayan de Oro waren, haben wir Bekannschaft mit der Trans Asia und deren Schiffen gemacht. Wir sind oft zwischen CDO und Cebu gependelt, aber auch nach Jagna oder Tagbilaran auf Bohol unterwegs gewesen. Da holte man dann eine Kiste Bier aus dem Schiffskiosk, kletterte hoch zur Brücke und fragte, ob man reinkommen dürfe. Damals durfte man das schon, besonders wenn man auch noch kaltes Bier dabei hatte. Der Kapitän lag schon in der Koje, nach dem er abgelegt hatte und die Verantwortung an den ersten Offizier übergeben hatte. Der saß in kurzer Hose und Gummischlappen vor dem Ruder. Beim Bier erklärte er dann die Leuchtfeuer von Bohol und welche im Moment kaputt wären.

Irgendwann hatten wir uns für die Reise nach Manila entschlossen mit der Negros Navigation Lines über Iloilo nach Manila zu fahren. Dazu hatten wir eine große Kabine gemietet und zwei der Kinder meiner Frau waren auch noch dabei. Die Negros Navigation war zu der Zeit die einzige Schifffahrtsgesellschaft, deren Mannschaft in einer schicken, weißen Uniform herumlief. Das war eine Schiffsreise, an die ich mich gerne erinnere. Wir hatten eine Kabine direkt unter der Brücke und schauten also in die Richtung, in die wir fuhren und nicht zur Seite heraus. Natürlich gab es einen Zwischenstopp in der Stadt Iloilo und das sogar noch im Flußhafen direkt vor dem Bahnhof. Die Einfahrt und die Kurverei auf dem Fluß war schon beeindruckend und vor dem festgemachten Schiff stand einer der wackeligen Züge der Panay Railways. Ebenso spektakulär war die Einfahrt in die Manila Bay und das Näherkommen an den Pier im Hafen von Manila.


Auf einer Reise über Land und See von Manila nach Cagayan de Oro war ich alleine unterwegs. Gehört hatte ich, dass ein Schiff von Maasin in Southern Leyte nach Surigao fahren sollte. Also fuhr ich mit Bussen und Jeepneys nach Maasin. Am Hafen angekommen, war dort nichts von einem Schiff zu sehen. Ich befreundete mich mit einem Soldaten, der auf dem Weg nach Hause war und ziemlich den gleichen Weg hatte. Man vertröstete uns auf den nächsten Tag. Wir verbrachten die Nacht in einem großen Raum. Die Jungs begannen zu zocken und luden mich dazu ein. Hehehe, ich lehnte dankend ab und entschuldigte mich mit Müdigkeit von der langenn Reise von Manila und wollte lieber schlafen. Gepäck unter dem Kopf und zack, eingeschlafen. Auch am nächsten Tag war kein Schiff da, es würde wohl auch keines die ganze Woche über kommen. Ein kleines Auslegerboot würde heute noch fahren, wenn wir damit wollten, sollten wir Bescheid sagen. Ja gut, bloß weiter. Dabei dachte ich ja noch an nichts Böses.
Also alle Mitreisenden in Innere. Das Ding war so breit, dass zwei Personen nebeneinander auf einem Brett Platz hatten und Gepäck auf dem Schoß. Auf gehts. Das war etwas eng aber es ging so lange wir die Landmasse von Southern Leyte links von uns hatten. Los ging es, als wir das Kap der Insel Panaon bei San Ricardo hinter uns ließen. Wir sahen uns einer offenen See gegenüber und der Wellengang war dementsprechend. Der Schiffsführer fuhr einen Zickzackkurs, um immer wieder in die Welle hineinzufahren, aber da wollten wir nicht hin. Die Brecher waren so groß, dass sie über unsere Nußschale zusammenschlugen. Der Schiffsjunge schöpfte mit seiner leeren Öldose so schnell er konnte, andere beteten und einige fluchten. Ich selber schwor mir, wenn ich das überlebe, in so ein Ding für solch einen Weg nicht noch einmal einzusteigen. Irgendwann kamen wir an einer Flußmündung und einer Brücke an. Uns wurde gesagt, wir sollten so schnell wie möglich verschwinden. Damit war klar, dass das ein illegaler und nicht genehmigter Personentransport gewesen war.
Irgendwie habe ich es an dem Tag noch bis nach Butuan geschafft. Dort habe ich mir ein Zimmer im Hotel genommen, dass jemand von den Mitreisenden kannte, um am nächsten Tag dann in Cagayan de Oro anzukommen.
Das Schöne an solchen Schiffsfahrten waren immer die Menschen, mit denen man in Kontakt und in Gespräche kam. Ich möchte diese Erinnerungen alle nicht missen.