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…aus der philippinischen Presse

 



 

RESSESCHAU VON HEIKO ECKARD

Donnerstag, den 20. August 2020

Zum Bild: Zara Alvarez

 

Heldinnen der Medien – Eine Meldung der “PNA” besagt, dass der CA (Court of Appeals) einen Antrag von Maria Ressa abgelehnt hat, sie ins Ausland zur Praesentation ihrer Dokumentation “A Thousand Cuts” mit Podiums-Diskussion reisen zu lassen. Das Gericht sah keine Notwendigkeit ihrer physischen Anwesenheit bei der Veranstaltung und begruendete das mit ihrer kuerzlichen Verurteilung zu bis zu 6 Jahren Gefaengnis wegen Verleumdung.

Nun sollte man wissen, dass Maria Ressa zwar in Manila als Kind philippinischer Eltern geboren wurde, jedoch im Alter von 10 Jahren mit ihrer Mutter in die USA ging, von ihrem Stiefvater dort adoptiert wurde und dessen Nachnamen annahm. Sie ging in New Jersey zur Schule und studierte in Princeton. Sie kam spaeter in die Philippinen, arbeitete fuer “CNN” und 2004 bekam sie neben dem amerikanischen Pass einen philippinischen, mit dem sie 2012 “Rappler” gruenden konnte.

Wenn sie in die USA fliegt, ist kaum zu erwarten, dass sie zurueckkommt, um eine 6-jaehrige Haft abzusitzen. Sie braucht nicht einmal ein Visum, sie bleibt einfach “zu Hause”.

Die Ablehnung ihres Antrags wird Ressa als einen der “tausend Schnitte” ihres Erzfeindes, Praesident Rodrigo Roa Duterte, gegen die Pressefreiheit verkaufen, und die westliche Presse wird sie in absentia dafuer feiern.

Eine Abfuhr erhielt uebrigens auch die andere Heldin, die inhaftierte Senatorin Leila de Lima, die von der westlichen Presse fuer ihren Kampf fuer die Meinungsfreiheit gefeiert wird. Ihr erneuter Antrag auf Kaution freizukommen, wurde zurueckgewiesen. Zu den Antraegen sagte Justiz-Minister Menardo Guevarra zu Reportern letzten Freitag: “Das ist ihr Vorrecht. Aber beachten Sie, dass sie sich drei drogenbezogenen Klagen gegenueber sieht, die alle keine Kaution gestatten (non-bailable).

Von ihr hoert man im Ausland immer weniger. Sollte man sie vergessen haben, oder gibt es Wichtigeres?

Heldinnen vor Ort – Weniger in den Medien gefeiert war Zara Alvarez, die am Montag in Bacolod, Negros Occidental, erschossen wurde. Sie gehoerte der NGO (Non Government Organization) “Karapatan” an, was “Recht” bedeutet. Die Armee haelt “Karapatan” fuer eine Front-Organisation der Kommunisten, und Alvarez soll auf einer Liste der Justiz-Ministeriums als “Terroristin” gefuehrt worden sein. Und so sagte Karapatan-Chefin Cristina Palabay am Dienstag zu “Al Jazeera”:  “In Anbetracht der frueheren Drohungen, die sie von den staatlichen Streitkraeften erhalten haben, liegt es nicht fern, dass diejenigen, die sie getoetet haben, von den staatlichen Streitkraeften stammen.” Palabay begruendet das angesichts der Covid-Lockdowns so: “Alles ist abgeriegelt, nicht wahr? Die Straszen werden von den staatlichen Streitkraeften mit allen Kontrollpunkten sehr gut bewacht. Und dennoch gelang es den Moerdern, durch diese Absperrungen der staatlichen Streitkraefte su kommen.

Ich weisz nicht, wie “dicht” Negros abgeriegelt ist, und der Bezug, den “Al Jazeera” in dem Artikel zum Anti-Terror-Gesetz herstellt, scheint mir “interesse-geleitet”: “Der Tod von Alvarez erfolgt nur wenige Wochen, nachdem Duterte das umstrittene Anti-Terror-Gesetz unterzeichnet hat, das Festnahmen ohne Haftbefehlt und laengere Inhaftierungen ohne Anklage erlaubt – Bestimmungen, vor denen Rechtsexperten warnten, sie koennten sich gegen jeden richten, der den Praesidenten kritisiert.

Dieser Zusammenhang waere einsichtig, wenn nach dem Gesetz, eine Mordwelle in Negros einsetzt. Das stimmt aber nicht. Negros war schon vor dem Anti-Terror-Gesetz ein heiszes Pflaster. Im Oktober 2018 kam es dort zu einem Massaker an Zuckerrohr-Arbeitern, und als Hintergrund zitiere ich hier, was ich in diesem Blog am 24. Oktober 2018 unter dem Stichwort “Sakada” schrieb:

Sakada – Praesident Rodrigo Roa Duterte war wegen schlechten Wetters nicht bei der Totenwache der neun Zuckerrohr-Arbeiter, die in Sagay City, Negros Occidental, erschossen wurden. Mich interessierte das nicht, bis ich im “Daily Tribune” eine Kolumne von Aldrin Cardona und Dinah S. Ventura fand mit der Ueberschrift “Sakada” und dem Untertitel “Unser Zucker wird in Blut gewaschen”. Mit “Sakada” werden Arbeiter bezeichnet, die von auszerhalb angeheuert und niedriger bezahlt werden als die einheimischen Arbeiter, lese ich im Tagalog-English-Dictionary von Leo James English. Das Wort kommt aus dem Spanischen von “sacar ~ hereinholen”, hat also seine Tradition, und auf diese Tradition ging die Kolumne ein – das interessierte mich.

Die Schuldzuweisungen bei dem Sagay-Vorfall sind gleichverteilt. Die Regierung zeigt auf NPA (New People’s Army), Bauern-Verbaende zeigen auf die Regierung – man erinnert nur zu gut das Massaker am 20. September 1985 in der nahe gelegenen Stadt Escalante, bei dem 21 streikende Plantagen-Arbeiter von Regierungs-Truppen erschossen wurden. Sie hatten keine Ahnung, dass wenig spaeter die EDSA-Revolution Aenderungen versprach. Sie wussten nur um ihr Schicksal: “Wurde in Schulden geboren. Lebt in Schulden. Wird in Schulden sterben.”

Eine Land-Reform kam mit der Regierung von Corazon “Cory” Aquino erst nach dem Mendiola-Massaker, mit dem am 22. Januar 1987 in Manila ein Protest-Marsch von Farm-Arbeitern sein Ende fand, 13 Tote, 74 Verletzte. Die Reform CARP (Comprehensive Agrarian Reform Program)  machte aber witzigerweise fuer die Hacienda Luisita ihres eigenen Cojuangco-Aquino-Clans eine Ausnahme. Folgerichtig loesten am 16. November 2004 Polizei und Armee einen Streik auf der Hacienda Luisita, Tarlac, mit Gewalt auf, 7 Tote, ueber 100 Verletzte.

Die Anwendung exzessiver Gewalt ist nichts Neues, und bei Landstreitigkeiten wird geschossen. Eine Land-Reform wurde nicht durchgefuehrt oder nicht vollendet, ein Haupt-Argument der Kommunisten. Die Gemenge-Lage ist aber weit komplexer, denn oft arbeitet die NPA mit den Groszgrund-Besitzern zusammen, die ihnen die “Revolutions-Steuer” zahlt und dafuer vor Land-Nehmern geschuetzt wird, denn nach einem Gesetz darf unbebautes Land von wem auch immer bebaut werden. Es gibt auf den groszen Haciendas aber auch richtige Privat-Armeen. Daneben gibt es noch das Militaer, das lokale Cafgus (Civilian Armed Forces Geographical Units) beschaeftigt, zivile Unterstuetzer vor Ort, und da  gibt es NPA-nahe Aktivisten und Gewerkschafter, und die sind alle keine Waisenknaben. So wie Duterte von der Polizei sagte, dass da 40% Gauner drin sind, so kann man mit Fug behaupten, dass auch die Armee nicht zu 100% aus Engeln besteht.

Vor diesem Hintergrund nun das Sagay Massaker. Von den Opfern wird gesagt, dass sie Gewerkschaftler waren, Mitglieder der National Federation of Sugar Workers. Denen geht es nicht gut. Statt des irgendwo geregelten Mindestlohnes von 245 Peso pro Tag fuer Land-Arbeiter, bekommen sie laut Kilusang Magbubukid ng Pilipinas, eine Bauern-Bewegung, auf den Haciendas nur 80 bis 120 Peso pro Tag. Und so schreiben die Autoren der Kolumne im “Daily Tribune”: “Wenn es nicht die New People’s Army ist, dann ist es die Gewalt, die ausbricht, wenn es um das Land geht. Bauern sind dafuer gestorben, und Bauern sind dafuer auch ermordet worden.”

Es ist diese undurchsichtige Gemenge-Lage bei solchen Land-Streitigkeiten, die mich zoegern liesz, ueberhaupt darueber zu schreiben. Bevor nicht die Taeter gefasst sind und ein Gericht den Fall geklaert hat, laesst sich alles behaupten, einschlieszlich des Gegenteils – was soll ich jetzt dazu sagen?

Und wegen dieser undurchsichtigen Lage, will ich zu dem aktuellen Mord auch nichts weiter sagen.

 



 

Gemaesz “PNA”, “Manila Times”, “Al Jazeera” u.a.

 

Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.

 

Die Presseschau von Heiko Eckard wird mit seiner Einwilligung und Erlaubnis in den PHILIPPINEN MAGAZIN mit NACHRICHTEN veröffentlicht.

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