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…aus der philippinischen Presse

 



 

PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD

Donnerstag (2. Weihnachtstag), den 26. Dezember 2019

(zum Bild: Blick in die Zukunft)

 

Ueber den Tellerrand – Grad gestern kam ich auf die Idee, meinen Blick nicht so sehr auf eine Person – Praesident Rodrigo Roa Duterte – zu fokussieren, sondern die Zeit mehr im Weitwinkel zu betrachten, da kommt eine Steilvorlage in der “Sueddeutschen Zeitung” mit einem Beitrag von Timothy Snyder – uebersetzt von Cornelius Dieckmann – unter der Ueberschrift “Das Ende der Geschichte? Das Ende der Demokratie!” Timothy Snyder ist Historiker an der Yale University und staendiger Fellow am Wiener Institut fuer die Wissenschaft vom Menschen. Also habe ich seinen Beitrag gelesen, und ich will hier mal ueber den praesidialen Tellerrand meines Blogs hinausblicken, weil im Moment jeder mit dem Taifun “Ursula” zu tun hat, und Duterte dabei ist, “pork” im Haushalt zu finden, das der Kongress dort wieder versteckt hat. Da bleibt mir Zeit fuer anderes.

Snyder meint in seinem Beitrag: “Heute ist die Demokratie genau deshalb in Gefahr, weil die Zukunft nicht mehr existiert. Wenn wir uns nicht mehr vorstellen koennen, was noch kommt, und welcher Zukunftsentwurf besser sein koennte, dann fuehlen wir uns politisch machtlos und gehen vielleicht nicht einmal waehlen.” Den Ursprung dieses Zustands macht Snyder um 1989 aus, als der Kommunismus weltweit das Handtuch warf, die Sowjetunion zerbrach und der Kapitalismus gleich meinte, gewonnen zu haben. Von diesem Ereignis her ruehrt eine “…Vorstellung vom Ende – oder der Alternativlosigkeit – der Geschichte. Diese Weltsicht ging davon aus, dass genau ein geschichtlicher Ausgang moeglich sei, der automatisch eintrete und im Grunde gutzuheiszen sei. Ich nenne das die ‘Politik der Unvermeidlichkeit’.

“Die logische Schlussfolgerung dieses Narrativs, das von den Neunzigerjahren bis in die fruehen 2000er ueberdauerte, lautet, dass alle anderen mit der Zeit zunehmend so werden wie wir. Das wir zunehmend werden wie wir. Dass Demokratie unvermeidlich ist. Aber die Politik der Unvermeidlichkeit hat ausgedient. Beinahe die ganze Welt, ob Amerika oder Europa, ist an einem Punkt angelangt, an dem die Menschen nicht mehr daran glauben, dass Demokratie unvermeidlich ist. In den USA und anderswo ist sie, allgemein gesprochen, auf der Verliererstrasze.

Um sich aus dieser Lage zu befreien, propagiert Snyder eine “Politik der Verantwortlichkeit”, mit der wir das Gefuehl fuer die Zukunft wieder gewinnen koennen. Er greift da auf, was Hans Jonas 1979 in “Das Prinzip Verantwortung” als Stichwort gegeben hat, als der den Begriff der Naechstenliebe um den Begriff der Fernstenliebe im technischen Zeitalter erweiterte: “Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlung vertraeglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.” Imperative der Art geistern seit Immanuel Kants “Kritik der praktischen Vernunft” permanent durch westliches Gedankengut. Sie wurden bis zum Erbrechen zitiert, ohne dass sich jemand bemueszigt fuehlt, dann auch dies oder jenes zu tun oder zu lassen. Und was mit “echtem menschlichen Leben” gemeint ist, diskutiere ich nicht. Da stinkt schon die Wortwahl nach Ideologie, mit der man sich von vermeintlich “unechtem Leben” abgrenzen will.

Mit der Verantwortung ist das so eine Sache. Wir sind fuer unser Tun eh verantwortlich, ob das nun in ein philosophisches Gewand gekleidet wird oder nicht. Interessant daran ist aber: zur Verantwortung gezogen werden wir in einem Rechtsstaat, der mit Gesetzgebung, Rechtsprechung und vollziehender Gewalt ausgestattet ist. Allein die Nation bestimmt so den Rahmen der Verantwortung. Nicht irgendeine Religion, auch nicht die Menschenrechte, oder eine Wissenschaft, die das Klima zum Maszstab unseres Tuns machen will.

Rechtsstaatlichkeit ist etwas Konkretes, an Land und Leute gebunden, und die leidet nicht an der Machbarkeit der Zukunft, sondern eher an zwei Dingen: dass die Buerger einer Nation sich dieser nicht verpflichtet fuehlen, oder dass einige Nationen meinen, in das Recht anderer Nationen eingreifen zu koennen.

In den Philippinen haben wir grad ein historisches Beispiel dafuer gesehen, dass die Buerger sich dem Recht verpflichtet fuehlen, als die Richterin Jocelyn Solis-Reyes sich in die Pflicht nehmen liesz und den Fall des Massakers in Maguindanao zu Ende brachte, was 10 Jahre ihres Einsatz forderte, und sie eine Karriere kostete. Wer sonst taete sich das in unserer Zeit an?

Das andere Beispiel, naemlich die Einmischung in das Recht anderer Laender, betrachtete ich gestern: US-Senatoren wollen, dass die Philippinen ihr Rechtssystem auszer Kraft setzen, und die in einem ordentlichen Verfahren angeklagte Leila de Lima ohne Verhandlung laufen lassen.

Was auffaellt, ist dies: In einem Rechtsstaat haben wir Gleichberechtigung, zwischen Nationen nicht. Das Problem dabei ist fehlende Toleranz. Wer sich wegen Religion, Menschenrechten oder irgendeiner Wissenschaft ermutigt fuehlt, anderen Nationen in deren Politik reinzureden, leistet seinen Beitrag zum weltweiten Abbau von Demokratie. Die duldet nichts ueber sich, das waere Bevormundung des Volkes. Der Witz dabei ist, dass Toleranz die Uebernahme von Verantwortung erst ermoeglicht. Das Muendel ist nie verantwortlich, solange der Vormund mit ihm nicht auf Augenhoehe umgeht. Wie wir im Rahmen eines Staates gleiche Rechte genieszen, so muessen auch Staaten untereinander sich gleiche Rechte zuerkennen. erst dann kann Verantwortung ein Thema werden.

Verantwortung imperativ, d.h. befehlsmaeszig zu diktieren, verhindert, dass sie ueberhaupt moeglich wird. Ein Volk muss sich seine Verfassung selbst geben, sonst wird das nichts. Man muss gegenueber dem Anderen offen sein, will man es zur Demokratie kommen lassen. Voltaiere schreibt 1764 in seinem “Philosophischen Taschenwoerterbuch”: “Was ist Toleranz? Sie ist Menschlichkeit ueberhaupt. Wir sind alle gemacht aus Schwaechen und Fehlern; darum sei erstes Naturgesetz, dass wir uns wechselseitig unsere Dummheiten verzeihen.

Ich weisz, wir alle halten unsere Dummheiten fuer die Ausgeburt menschlicher Weisheit. Man kann ja auch gut damit leben, dass die Erde flach ist – bis einer drumrum gefahren ist. Aber wieviele wurden verbrannt, bevor sich das rumgesprochen hatte?

Zukunft laesst sich nicht anordnen, sie ergibt sich aus den Moeglichkeiten, die wir ihr lassen, und die sind zahlreich. Ein Leser meines gestrigen Blogs meint, dass es zu einer Auseinandersetzung von Links und Rechts kommen wird. Es wird bunter werden. Donald Trump wird weiter fuer den “big deal” kaempfen, Boris Johnson hat “Britannia rule the seas” vor Augen, Rodrigo Duterte traeumt von einer Verfassung, die alle philippinischen Probleme loest, doch die muesste vom Kongress kommen, der lieber weiter “pork” im Haushalt versteckt, und – hab ich wen vergessen? Richtig! Greta Thunberg wird klagen, dass man darueber ganz vergessen hat, die Zukunft der Welt zu retten.

Bange machen gilt nicht: irgendeine Zukunft wird schon kommen. Freut euch drauf!

 



 

Gemaesz “Sueddeutsche Zeitung” u.a.

 

Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.

 

Die Presseschau von Heiko Eckard wird mit seiner Einwilligung und Erlaubnis in den PHILIPPINEN MAGAZIN mit NACHRICHTEN veröffentlicht.

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