…aus der philippinischen Presse
PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD
Samstag, den 29. Dezember 2018
(zum Bild: Politische Klans in den Philippinen)
Family Business – Da ich gestern schrieb, dass Praesident Duterte im Mordfall Rodel Batocabe die Belohnung erhoehte, will ich heute zeigen, dass das nicht von Ungefaehr kommt, sondern ein Licht auf die Politik in weiten Teilen dieses Landes wirft.
Im DOJ (Department of Justice) wurde vorgestern eine weitere – genauer gesagt: die dreiszigste – Anzeige gegen die ehemalige Gesundheits-Ministerin Janette Garin erstattet. Die Eltern der 12-jaehrigen Kristel Jean Magtira beschuldigen Garin und andere, fuer den Tod ihrer Tochter verantwortlich zu sein. Kristel war am 5. April 2016 in der Pasig Elementary School gegen Dengue mit Dengvaxia geimpft worden. Kristel, die vor der Impfung nie ernsthaft krank war, starb am 13. Januar diesen Jahres unter groszen Schmerzen. Die Eltern leiden seither unter Aengsten und schlaflosen Naechten, weil sie nicht glauben koennen, dass diese “kostenlose” Impfung, fuer die man ansonsten 5 Tsd Peso pro Gabe, die dreimal erfolgt, haette zahlen muessen, sie ihres juengsten Kindes beraubte. Die Anzeige richtet sich auch gegen den Dengvaxia Hersteller Sanofi Pasteur und den hiesigen Vertreiber Zuellig Pharma.
Nun haette ich darueber nicht geschrieben, haette ich nicht in Jojo Robles gestriger Kolumne in “The Manila Times” gelesen, dass Janette Garin Ehefrau jenes Oscar “Richard” Garin ist, dessen Vater, noch ein Oscar und Buergermeister von Guimbal, Iloilo, dort neulich mit seinem Sohn in eine Polizei-Station marschierte. Unter den Augen des Stations-Chefs nahm der Buergermeister, Garin Sr., dem Polizisten Federico Macaya die Waffe ab. Die beiden Garins fesselte ihm mit Handschellen die Haende zwischen den Beinen, verpruegelten und traten den auf dem Boden Knieenden. Abschlieszend soll Garin Jr., Macaya in’s Gesicht gespuckt und mit seiner Waffe in die Luft gefeuert haben.
Nun war Garin Sr. frueher Abgeordneter des Hauses fuer den 1. Distrikt Iloilo, nach ihm Janette, seine Schwiegertochter, und das ist nun sein Sohn Garin Jr. Der soll offenbar den Platz warmhalten, denn nach der Wahl 2016 verlor Janette Garin ihren Job als Gesundheits-Ministerin, und will sich dort wohl wieder etablieren. Garin Sr. ist Buergermeister von Guimbal. Bei solch oertlicher politischer Wetterlage haelt ein verpruegelter Polizist besser die Schnauze – nicht aber PO3 Federico Macaya.
Auf dessen Beschwerde hin wurde Senior Inspector Antonio Monreal, Chef der Polizei-Station, der dem Treiben tatenlos zugeschaut hatte, von John Bulalacao, Polizei-Chef der Region 6, aus dem Dienst entfernt. Bulalacao ersuchte Innen-Minister Eduardo Año, dem Buergermeister die Weisungs-Befugnis fuer die Polizei-Station zu entziehen und dessen Polizei-Schutz zurueckzurufen. Die PNP (Philippine National Police) fand heraus, dass Garin Jr. 11 Waffen besitzt, bei Dreien ist die Lizenz ausgelaufen, Garin Sr. besitzt 8 Waffen bei Fuenfen ist die Lizenz ausgelaufen – ein Arsenal, schreibt Robles – “typisch fuer politische Kriegsherren, die die Festung ihrer Herrschaft erhalten.”
PNP-Chef Oscar Albayalde hat alle Waffenlizenzen der Garins sowie das Recht Waffen oeffentlich zu tragen annulliert. Er fordert die Herausgabe der Waffen und droht mit Verhaftung, falls das nicht befolgt wird. Praesident Duterte hat Innen-Minister Año angewiesen, Anzeige gegen die beiden Garins wegen Angriffs auf einen Polizisten zu erstatten. Wie ich heute morgen im “Manila Bulletin” lese, haben die Garins 14 ihrer Waffen ohne Lizenz, darunter eine Maschinen-Pistole, inzwischen bei der PNP abgeliefert.
Warum schreib ich das?
Nun, da ist wieder dieses Klickern im Hinterkopf, das der Name des Oscar “Richard” Garin ausloeste. Bei Durchsicht meines Blogs finde ich, dass es bei der Untersuchung des Dengvaxia-Skandals unter Senator Richard Gordon, eine Aussage der ehemaligen Gesundheits-Ministerin Paulyn Ubial gab, die Janette Garin im Amt folgte. Sie sagte damals, dass Oscar “Richard” Garin, Ehegatte der Janette, Abgeordneter des Hauses fuer Iloilo, sie draengte, mehr Dengvaxia zu kaufen. Es gab offenbar eine “Dengvaxia-Lobby”, die Druck machte, um den Ausdruck “Mafia” zu vermeiden, der in dem Zusammenhang auch fiel, den der derzeitige Gesundheits-Minister Duque aber zurueckweist. Doch das Bullying von Leuten, die nicht mitziehen, hatte der Abgeordnete Garin schon drauf.
Der Garin-Clan, der unter Benigno Aquino tun konnte, was er wollte, schlieszlich hatte man eine Schwiegertochter in der Regierung, die gut mit Aquino konnte. Mit ihm und Budget-Minister Florencio Abad faedelte sie den Dengvaxia-Deal ein, der die drei nun in einer Zahl von Prozessen verfolgt, wobei sie, als studierter Medizinerin, meiner Meinung nach die moralische Last dieses Einsatzes eines nicht zugelassenen Impfstoffes trifft. Damals standen die Garins unter dem Schutz von Aquinos “drei Furien” – Ombudsfrau Conchita Carpio-Morales, Justiz-Ministerin Leila de Lima und Oberster Richterin Maria Lourdes Sereno – die alles abblockten, was gegen Aquino und sein Gefolge ging. Damals haette sich niemand getraut, Anzeige gegen die Garins wegen einer Tracht Pruegel zu erstatten. Heute laesst sich kein Polizist mehr verpruegen.
Es ist ein Beispiel, dass unter Duterte, dem man gern Verletzung der Menschenrechte vorwirft, der Rechtsstaat den Platz wieder einnimmt, den die “drei Furien” fuer die Interessen der Aquinos und die Liberale Propaganda rechtsfrei gehalten haben, damit es den Feudalherren wohl ergehe und sie lange leben auf Erden. Das Volk wollte die Feudal-Diktatur aber nicht und waehlte den Rechtsstaatler Duterte, und die neueste Umfrage der SWS (Social Weather Stations) zeigt, dass das Volk mit ihm nach einem kleinen Durchhaenger wieder sehr zufrieden ist. 74 Prozent der Filipinos ueber 18 sind mit Dutertes Arbeit zufrieden, 15 Prozent nicht und 11 Prozent koennen sich nicht entscheiden. Das ergibt Netto eine +60-Zufriedenheits-Rate = “sehr gut”, 6 Punkte mehr als bei der letzten Umfrage.
Seine Politik aber ist, dass das Gewalt-Monopol beim Staat bleibt. Er will keine Privat-Armeen von Abgeordneten oder Buergermeistern, die dann die jeweiligen Wahlen “ausschieszen”. Uebelstes Beispiel dafuer war Ampatuan, Maguindanao, wo am 23. November 2009 eine Kolonne gestoppt wurde, die unterwegs war, Ismael Mangudadatu zur Wahl zum Gouverneur anzumelden. Alle 58 Insassen, darunter ein Tross Journalisten, wurden vom rivalisierenden Ampatuan-Clan umgebracht, und in Gruben verscharrt. Das Urteil in der Sache gegen mehr als 100 Taeter und Helfer wird fuer 2019 erwartet.
Auf der anderen Seite lese ich in der “Manila Times”, Praesident Duterte bittet die Witwe des ermordeten Batocabe, nun fuer das Amt des Buergermeister in Daraga zu kandidieren, damit ihr Gatte “nicht umsonst” gestorben sei. Sie ist unentschieden, doch sollte sie antreten, wird das politische Geschaeft wohl in der Familie bleiben.
In den Philippinen gibt es 238 geographische Wahlbezirke (dazu kommen 59 Party-List-Sitze, was insgesamt 297 Sitze im Haus ergibt). Im ersten Distrikt Iloilo will Janette Garin antreten, aber was ist mit den anderen 237 Bezirken? “Family Business” ist das gaengige, politische Geschaeftsmodell, und deshalb werden Batocabe und Garin nicht die einzigen Namen sein, die man so oder so bei der Wahl 2019 erinnert.
Bleibt die Frage offen, worum es den Garins ging. Warum verpruegelt man einen Polizisten und riskiert den so nun eingehandelten Image-Verlust? Zwei Jugendliche hatten einen Streit. Das Opfer der Schlaegerei zog seine Anzeige zurueck, weil seine Eltern, beide OFWs (Oversea Filipino Workers) im Ausland nicht erfahren sollten, dass er hier zu Haus Probleme hatte. Der untersuchende Polizist Macaya teilte das brieflich dem Buergermeister Garin Sr. mit. Dem gefiel das ueberhaupt nicht. Er wollte die Anzeige, denn der beklagte Schlaeger war der Sohn eines politischen Feindes der Garins in Guimbal – “Family Business” halt.
Gemaesz “ManilaBulletin”, “ManilaTimes”, “PhilStar”, “PNA” u.a.
Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.
Die Veröffentlichung in den PHILIPPINEN NACHRICHTEN erfolgt mit der Erlaubnis von Heiko Eckhard.