…aus der philippinischen Presse
PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD
Dienstag, den 04. September 2018
In den Philippinen tun sich einige politische Dinge zur Zeit, die sollte der Leser bei einem guten Kaffee aus den philippinschen Cordillera überdenken. Diesen Kaffee gibt es bei Ralph im online Shop
Der Krug geht solange zum Brunnen… – …bis er bricht. Das Sprichwort sollte sich Senator Antonio Trillanes an die Wand nageln, wenn er wieder in der Zelle landet, aus der Ex-Praesident Benigno “Noynoy” Aquino ihn per Amnestie geholt hatte. Praesident Rodrigo Roa Duterte schickt ihn zurueck, da die Amnestie von Anfang an ungueltig sei, weil entscheidende Unterlagen fehlen. Das erinnert nicht zufaellig an den “quo warranto”-Rauswurf der Maria Lourdes Sereno, deren Ernennung zur Obersten Richterin als “von Anfang an ungueltig” erkannt wurde. Und so beginnt Jojo Robles seine Kolumne in “The Manila Times” mit dem Satz: “Sen. Antonio Trillnes 4th has been ‘quo warranto-ed.’” Es scheint, als arbeiten Dutertes Rechercheure grad auf, was “Noynoy” in seiner locker-flockigen Gutsherrenart so alles uebersehen hat.
Es geht um die Oakwood-Meuterei und zwei weitere Meutereien Trillanes’ unter der Praesidentschaft von Gloria Macapagal-Arroyo. Der ehemalige Marine-Offizier war in Haft fuer die Verhandlung vor einem Militaer-Tribunal, als Aquino eingriff. Wie nun entdeckt wurde, war aber die Voraussetzung fuer die Amnestie bei Trillanes nicht gegeben: ein persoenlicher unter Eid abgegebener Antrag hierzu, sowie ein volles Schuld-Eingestaendnis. Wie er dennoch auf die Liste der Amnestierten kam, bleibt erstmal eines der Raetsel der “Noynoy”-Zeit – wie es ja auch ein Raetsel war, wie die Sereno, die noch nie einen Gerichtssaal von innen gesehen hatte, auf die Vorschlagsliste fuer das Amt des Chefs am Obersten Gericht kam.
Tatsache ist, dass das DOJ (Department of Justice) nun Haftbefehl und HDO (Hold Departure Order) beim Distrikts-Gericht Makati beantragt hat. Trillanes haelt sich zur Zeit im Senat auf, und Senats-Praesident Vicente Sotto gestattet nicht, dass ein Senator im Senat verhaftet wird. Entsprechend hat er den Sergeant at Arms angewiesen, der fuer die Sicherheit des Senats zustaendig ist. Sollte Trillanes den Senat verlassen, muss er mit seiner Verhaftung rechnen. Das erinnert an die Verhaftung von Leila de Lima, die auch im Senat blieb, bis ihre Uebergabe an die Justiz ausgehandelt war. Auf Immunitaet als Senator kann Trillanes sich nicht berufen, da es bei Meuterei um lebenslaenglich geht, und nicht um die 6 Jahre, die einem Senator als Toleranz-Schwelle fuer seine Immunitaet gestattet sind.
Trillanes bezeichnet die Masznahmen gegen sich als politische Verfolgung und “Kriegsrecht”. Er habe die Bedingungen fuer die Amnestie erfuellt. In einem Telefon-Gespraech, das Pia Hontiveros gestern live in ihrer Sendung “NewsNight” bei “CNNPhil” fuehrte, meinte “Noynoy” Aquino, dass die Unterlagen fuer die Amnestie komplett waren, und dass Trillanes darin an erster Stelle genannt war. Seine Anwaelte arbeiteten aber noch die Unterlagen durch, um auch die Voraussetzungen zu pruefen. Die Unterlagen sind bisher nicht aufgetaucht, dafuer aber konnte man gestern abend bei “GMANews” in Jessica Sohos “State of the Nation” einen Video-Ausschnitt sehen, in dem Trillanes sich irgendwann den Sicherheits-Kraeften ergab und dazu betonte, dass das “kein Schuldeingestaendnis” sei. Er fuehlte sich damals irgendwie im Recht.
Was immer auch dabei herauskommen mag, wird vor dem Obersten Gericht landen, und es wird wie bei de Lima, wie bei Sereno zwei Parteien geben. Die einen werden von Diktatoren-Willkuer sprechen, die anderen vom langen Arm der Gerechtigkeit.
Aus politischer Sicht bleibt zu fragen – und daher mein einleitender Spruch von dem Krug, der zu Brunnen geht – ob es besonders geschickt war von Antonio Trillanes, sich, wie de Lima vor ihm, den Praesidenten als Ziel zu nehmen, um sich politisch zu profilieren. Jojo Robles meint in seiner Kolumne: “Trillanes was punching above his weight, as British boxing fans say”, und er erwaehnt als Ironie der Geschichte, dass Trillanes sich selbst fuer den Wahlkampf 2016 Duterte als Mit-Kandidat fuer den Vize-Posten angeboten hat. Duterte lehnte ihn ab, wie er spaeter mal sagte, weil er nicht irgendwann eine Kugel im Ruecken haben wollte und Trillanes waere Praesident, und entschied sich fuer den “harmlosen” Alan Peter Cayetano. Seitdem laeuft Trillanes Sturm gegen den, der ihn nicht haben wollte. Schon im Wahlkampf kam er mit den angeblichen illegalen Vermoegen Dutertes heraus, dann schloss er sich den EJK-Vorwuerfen de Limas an, als das nichts brachte, zog er mit Mit-Meuterer Gary Alejano vor den ICC (International Criminal Court), und weil das immer noch nicht reichte, nahm er sich Dutertes Sohn Paolo vor, um mit einem Tattoo auf dessen Ruecken zu beweisen, dass der Mitglied der chinesischen Triaden und in Drogenschmuggel verwickelt sei. Man muss schon ganz schoen naiv sein zu glauben, dass Praesident Duterte es da mit ein paar witzigen Bemerkungen in seinen Reden bewenden laesst.
Der Praesident hat Geduld, aber nicht ohne Ende. Und so bleibt zu bemerken, dass dieser Schlag gegen Trillanes – das Imperium schlaegt zurueck – grad zu der Zeit erfolgte, als Trillanes im Senat bei einer Untersuchung war zu moeglicher Verwicklung des General Staatsanwalts Jose Calida in Geschaefte mit der Regierung. Das ist Mitgliedern der Regierung nicht erlaubt, und das warf Trillanes Calida vor, sein neuester Coup gegen Duterte und dessen Mannen. Calida ist nun der, der mit seinem “quo warranto”-Antrag das Amtsenthebungs-Verfahren gegen Sereno ueberfluessig gemacht und sie auf kurzem Weg aus dem Amt befoerdert hat. Das bringt Trillanes zu der Vermutung, dass Calida auch hinter diesem Schlag gegen ihn steckt.
Vermuten kann man viel, und so hat leider auch Vize-Praesidentin Leni Robredo sich in der Sache geaeuszert. Sie meint, dass Duterte mit diesem Angriff auf Trillanes nur die Aufmerksamkeit des Volkes von den Problemen im Lande ablenken will: die Preise fuer Reis, die schwaechelnde Wirtschaft, das Verkehrs-Problem und die Korruption in der Regierung. Die aelteren Leser erinnern vielleicht die Fernseh-Serie “Ein Herz und eine Seele”, die Anfang der 70er-Jahre lief. Hauptperson war “Ekel Alfred”, SPD-Gegner und offener Frauenhasser, der seine unscheinbare Frau Else stets als “dusselige Kuh” anfuhr und runtermachte. Ich weisz nicht, warum mir diese Fernseh-Serie in den Sinn kommt, immer wenn die Vize-Praesidentin etwas zu Reden und Handeln des Praesidenten sagen zu muessen glaubt.
Die Nachricht hat es als “Reuters”-Meldung in die “South China Morning Post” gebracht, die das als Parallele zu Leila de Lima betrachtet, die sich auch als “politisch Verfolgte” versteht, und bemerkt, dass beim ICC seit Februar eine Untersuchung gegen Praesident Duterte laeuft. Beilaeufig wird erwaehnt, dass Duterte, der derzeit in Israel ist, sich mal selbst mit Hitler verglichen hat.
Freund oder Feind? – Wo sich bei der “Post” klar zeigt, dass sie Anti-Duterte ist, ist das bei anderen nicht so leicht zu erkennen. Der Duterte-Fan Adam Garrie, nahezu alleiniger Autor der “Eurasia Future”, schreibt heute in einem Artikel zu dem Schlag gegen Trillanes, der Praesident solle eine “Revolutionaere Regierung” ausrufen. Gemeint ist, was “Cory” Aquino nach dem Sturz des Diktators Ferdinand Marcos tat: die politischen Institutionen aufloesen und in aller Selbstherrlichkeit regieren, bis es unter einer neuen Verfassung zu regulaeren Ablaeufen kommt.
Garrie betrachtet die Opposition als Verraeter an der Demokratie, die das Land von innen her zerstoeren. Beweis ist fuer ihn da, dass sich nun Senatoren um Trillanes scharen und ihn quasi vor dem “Zugriff der Gerechtigkeit” im Senat bewahren. Hierzu bringt Garrie sehr dramatisch ein Zitat des roemischen Staatsmannes Cicero: “Eine Nation kann seine Narren ueberleben, sogar die ehrgeizigen. Doch sie kann nicht Verrat von innen ueberleben. Ein Feind vor den Toren ist weniger beeindruckend, denn er ist bekannt und traegt seine Farben offen. Der Verraeter jedoch bewegt sich frei unter denen innerhalb der Tore, sein verschlagenes Wispern rauscht durch die Straszen, wird gehoert in den Hallen der Regierung selbst. Denn der Verraeter erscheint nicht als Verraeter; er spricht in dem vertrauten Ton seiner Opfer, er hat deren Gesicht und Argumente, er spricht die Gemeinheit an, die tief im Herzen aller Menschen verborgen ist. Er verdirbt die Seele einer Nation, er arbeitet insgeheim und unerkannt in der Nacht, um die Saeulen der Stadt zu untergraben, er infiziert den politischen Koerper, dass dessen Widerstand zerbricht. Ein Moerder ist weniger zu fuerchten.”
Schoen gesagt, nur ist die Annahme, dass etwas, was von einer historischen Autoritaet stammt, immer richtig und ueberall anwendbar sein muss, ein Fehlschluss. In diesem Fall hat es auch noch die Delikatesse, dass das Zitat selbstanwendbar ist. Mir scheint der wahre Feind Dutertes Garrie selbst zu sein, der sich – jetzt mach ich’s mal dramatisch – den Dolch im Gewande Duterte mit einem Vorschlag anbiedert, der den politisch ruinieren wuerde.
Duterte hat sich seinen Ruf, hinter dem die breite Mehrheit des Volkes steht, durch seine Offenheit, Ehrlichkeit und Gesetzestreue erworben. Er ist, meiner Meinung nach, der erste Demokrat nach der Marcos-Diktatur im Amt des Praesidenten, der sich an das Gesetz haelt und es durchsetzt, was ja auch seine Aufgabe als Regierungs-Chef ist. Genau diesen Ruf und das in ihn gesetzte Vertrauen wuerde er mit solch frechem Griff nach der Macht zerstoeren, und wer ihm dazu raet, kann nur selbst Verraeter an der Sache der Demokratie sein.
Sowenig mir die Opposition gefaellt, besonders wenn sie bis zum gruenblauen Koterbrechen gegen jede Entscheidung der Regierung klagt und auch noch eine Amtsenthebung gegen die Richter des Obersten Gerichts fordert, die als Oberstes Gericht ein faules Ei aus Nest geworfen haben, denn unterhalb des Obersten Gerichts gibt sie keine Ruhe – es ist halt die Opposition, und die gehoert in der Demokratie nun mal dazu.
Gemaesz “ManilaTimes”, “CNNPhil”, “ManilaBulletin”, “PTV”, “GMANews”, “SCMP”, “EurasiaFuture” u.a.