…aus der philippinischen Presse
PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD
Dienstag, den 04. September 2018
Heiko Eckhard hat heute etwas mehr geschrieben, besser erst den Corillera-Kaffee holen, hinsetzen und dann lesen – Nachschub gibt es hier im online Shop
Schlagzeilen – Die Schlagzeile der “Manila Times” ist “Duterte meets Netanyahu”, die des “Manila Standard” lautet “Food crises looms – Lacson” – was ist wichtiger? Die Antwort ist klar, wenn man sich an den Satz aus der “Dreigroschenoper” von Bertolt Brecht erinnert: “Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.” In diesem Sinne.
Senator Panfilo Lacson raet Praesident Rodrigo Roa Duterte sich weniger um den Drogenkrieg als mehr um steigenden Preise zu kuemmern: “Die Preise sind zu hoch, auch fuer Fisch. Die Menschen, besonders die Armen, koennen es sich nicht laenger leisten auch nur ein einfaches Essen auf den Tisch zu bringen. Wir koennen sagen, dass wir noch keine Nahrungsmittel-Krise haben, doch es geht in die Richtung, weil die Preise der Waren steigen.” Und was den Drogenkrieg angeht: “Die Marschbefehle des Praesidenten sind klar und muessen nicht staendig wiederholt werden. Wir stehen nun einem groeszeren Problem gegenueber – in der Wirtschaft.”
Ich weisz nicht, ob sich der Praesident zu sehr um den Drogenkrieg kuemmert und anderes schleifen laesst. Doch ich bemerke, wie meine Frau das Gesicht verzieht, wenn im TV ueber die Marktpreise der Lebensmittel berichtet wird. Mit meiner Rente aus Deutschland ficht uns das nicht zu sehr an, besonders da der Euro gemessen am Peso derzeit hoch im Kurs ist. Schoen fuer uns, doch fuer die Filipina, die ihr Geld nicht aus Deutschland bezieht, wird der Gang zum Palengke taeglich grausiger. Wo meine Frau das Gesicht verzieht, bricht bei der Nachbarin das heulende Elend aus.
Duterte in Jerusalem – Es ist das erste Mal, dass ein philippinischer Praesident Israel besucht, und er ist hoch willkommen. Das Bild unter der Schlagzeile “Duterte meets Netanyahu” auf der Titelseite der “Manila Times” zeigt den israelischenPremier Benjamin Netanyahu, wie er mit groszer, einladender Geste Praesident Duterte einen Platz anbietet. Das kommt nicht von ungefaehr. Als die Juden in der Nazi-Zeit verfolgt wurden, richtete der damalige Praesident Manuel L. Quezon 1935 eine Politik der offenen Tuer ein. Um 1.300 Juden fanden Zuflucht in den Philippinen bis zum Beginn des Krieges hier 1941 nach Pearl Harbour. Bei der Abstimmung der UN 1947 stimmten die Philippinen fuer die Unabhaengigkeit Israels – man muss aber dazu sagen, dass dies nach Anruf aus Washington geschah; zuvor sprach man sich dagegen aus. Zehn Jahre spaeter nahmen beide Laender diplomatische Beziehungen auf.
Nun will man unter anderem einen Arbeitsvertrag fuer OFWs abschlieszen, was ganz besonders Pflegekraefte betrifft. Filipinas als Pflegekraefte sind in Israel ein “household name”, dazu weiter unten mehr, und so schaetzt man, dass es um die 30 Tsd davon gibt. Weil es auch ungemeldete gibt, sind die Zahlen mal so und mal so Die Arbeitsbedingungen sind gut, und das ist das Problem, das zu loesen Arbeits-Minister Silvestre Bello schon vor zwei Wochen in Israel war, um das Abkommen vorzubereiten. Weil diese Arbeitsplaetze gut sind, verdienen Vermittler kraeftig mit, sodass es oft ein, zwei Jahre dauert, bis die OFWs diese illegalen “Vermittlungs-Gebuehren” abbezahlt haben. Es ist die Rede von 5 bis 10 Tsd Dollar fuer Vermittlung eines solchen Arbeitsplatzes. Das will man in den Griff kriegen, denn durch ihre abhaengige Lage sind die OFWs gezwungen Einschraenkungen und Demuetigungen hinzunehmen, wollen sie die Stelle nicht verlieren und Gefahr laufen, die Schulden nicht begleichen zu koennen. Zudem ist das ein wachsender Markt bei der alternden Bevoelkerung Israels. Gibt es im Moment 250 Tsd Israelis ueber 80 Jahren, so werden das in vierzig Jahren gut ueber 1 Mio sein.
Duterte entschuldigt sich – Nein, ein Loblied auf den “Spiegel” will ich hier nicht singen, aber die Meldung, dass Duterte sich fuer seine Aeuszerungen gegenueber Barack Obama entschuldigt hat, ist korrekt. Er hatte Obama einen “Hurensohn” genannt, und damit ist nicht das falsch uebersetzte “putang ina” gemeint, sondern an anderer Stelle hat er wirklich in englischer Sprache “son of a bitch” gesagt. Darauf bezog Duterte sich in seiner Rede vor der philippinischen Gemeinde im Hotel Ramada in Jerusalem und sagte in Richtung Obama: “Es tut mir Leid, dass ich die Worte ausgesprochen habe. … Wir haben unsere Lektionen gelernt. Wir verstehen einander. Wenn Dein Herz nach Vergeben steht, dann vergib. Ich habe Dir vergeben.”
Bevor das wieder von Verteidigern des Praesidenten “erklaert” wird – wozu Antonio Contreras in seiner Kolumne in “The Manila Times” schreibt, man moege den Praesidenten vor seinen “Erklaerern” in Schutz nehmen, weil die erst zur Katastrophe machen, was eh nur von dessen Gegnern ernst genommen wurde – hier die Reaktion meiner Frau, Stimme des Volkes, als gestern Abend bei “GMANews” in Jessica Sohos “State of the Nation” der Bericht kam, Praesident Duterte bittet Obama um Vergebung: “Das ist richtig, wenn man ins Heilige Land kommt, muss man um Vergebung bitten!”
Yad Vashem – Der Besuch Dutertes hat es als Meldung der “Associated Press” auch in die “South China Morning Post” gebracht. Die Ueberschrift verraet die Tendenz: “Rodrigo Duterte nennt Hitler ‘wahnsinnig (insane)’ in der Holocaust-Gedenkstaette in Israel, zwei Jahre nachdem er sich selbst mit dem Diktator verglichen hat.” Der Bericht zitiert dann den Praesidenten mit den Worten: “Ich koennte mir kein Land vorstellen, das einem wahnsinnigen Fuehrer glaubt, und ich koennte mich nie in das Spektakel denken, dass ein menschliches Wesen eine Mord-Serie beginnt und alte Menschen, Frauen und Kinder umbringt. Ich hoffe, dies wird nie wieder geschehen. … Es gibt immer eine Lehre daraus zu ziehen: dass Despoten und Fuehrer, die ihren Wahsinn zeigen, zuallererst aus dem Verkehr gezogen werden sollten.”
Der Artikel ruft dann nochmal die Eck-Daten des Drogenkrieges in Erinnerung und weist darauf hin, dass internationale Menschenrechts-Beobachter weit hoehere Zahlen zitieren.
Das ist fuer ein Publikum geschrieben – “AP” ist eine amerikanische Agentur – das nur Berichte zu lesen bekommt, in denen Duterte dargestellt wird als Wahnsinniger der arme Menschen und Kinder umbringt. Das Publikum wird den gewuenschten Schluss willig ziehen: zieht den Kerl zuallererst aus dem Verkehr.
Sprachliches am Rande – Ueberall in der Welt wird man auf die Frage, was eine “Filipina” ist, mit einem Schulterzucken – bloede Frage!? – die Antwort bekommen “eine Frau von den Philippinen”. In Israel koennte die Antwort anders ausfallen. In seiner Kolumne in “The Manila Times” schreibt Dodo Dulay: “Frauen von den Philippinen – die anfangs vom israelischen Verteidigungs-Ministerium angeheuert wurden sich um [durch Verwundung] behinderte Soldaten zu kuemmern – sind in Israel so dominant in der haeuslichen [Kranken- und Alten]-Pflege geworden, dass das Wort ‘Filipina’ im Hebraeischen synonym steht fuer ‘metapelet’, Pflegerin. Es ist nicht ungewoehnlich aeltere Israelis, die eine Pflegerin beschaeftigen, sagen zu hoeren: ‘Unsere Filipina [~ Pflegerin] kommt aus der Ukraine’.”
Als Duterte auf die philippinische Gemeinde traf, wurde er von Gefuehlen ueberwaeltigt und brach in Traenen aus. Hierzulande sagt man in Englisch: “He became emotional…”. “Er wurde gefuehlig…” kann man im Deutschen nicht sagen. Duterte aeuszerte sich hierzu selbst: “Ich weine selten… Ich koennte mich an Zeiten erinnern, wo ich geweint habe, als mein Vater und meine Mutter starben. Aber selten, sehr selten. … Ich tat es nun waehrend dieses Besuches, und vielleicht tue ich es wieder, ich weisz es wirklich nicht. Aber dies ist das erste Mal, dass ich Traenen vergiesze, waehrend ich mit philippinischen Landsleuten zusammen bin. Kann sein, weil ich hier im Heilgen Land bin.”
“Never Again” ist der Wahlspruch der Liberalen, die sich damit auf die Marcos-Diktatur beziehen, deren Fortsetzung sie Praesident Duterte ja unterstellen. Als Duterte mit seiner Tochter Sara Duterte-Carpio die Holocaust-Gedenkstaette Yad Vashem besuchte, begann er mit diesen Worten seinen Eintrag dort im Gaestebuch: “Niemals wieder – Moege die Welt ihre Lehre ziehen aus diesem fuerchterlichen und gottverlassenen Abschnitt menschlicher Geschichte. Moegen die Herzen der Menschen rund um die Welt fuer immer geoeffnet bleiben. – Und moege es im Sinne aller Maenner und Frauen sein zu lernen zusammen zu arbeiten um eine sichere Zuflucht zu bieten fuer alle, die verfolgt werden.” Er unterschrieb dies mit “Rodrigo Duterte” und seine Tochter schrieb unter seinen Namen “Inday Sara”.
“Inday” ist Sara Duterte-Carpios informeller Rufname. Sie ist eine geborene Sara Zimmerman Duterte, als die sie Duterte vor der philippinischen Gemeinde auch vorstellte, wobei der darauf hinwies, dass die Zimmermans juedischer Abstammung seien und vor den Nazis in die Philippinen geflohen waren. Dabei sprach Duterte den Namen englisch aus: “Simmermaen”. Klang lustig, doch bleiben wir bei “Inday”. Dieser zusaetzliche Name ist eine philippinische Eigenheit, die man nicht richtig mit “Spitzname” uebersetzen kann. Ich erwaehnte schon mal, dass der Name eine delikate Angelegenheit ist, die man nicht leichtfertig verwendet, und so hat sich dieser Ersatz-Rufname eingebuergert. Ich kenne zum Beispiel vier “Dodongs”, von denen keiner “Dodong” heiszt, aber so angesprochen wird. Bei Duterte selbst ist das “Digong” oder “Rody”, bei seiner Tochter Sara wurde das “Inday”. Das Wort steht in Tagalog und Visayan eigentlich fuer “junge Frau” und wird als “inday”, kurz “day” auch als Anrede fuer eine junge Frau oder ein Maedchen verwendet, das mindestens eine Generation juenger ist als man selbst. Die dahinter verborgene Bedeutung von “noch nicht ganz ausgewachsen” zeigt sich auch in der Verwendung von “inday-inday” fuer leichten Wind oder Regen. So kann man in Visayan schon mal den Satz hoeren: “Dili man ni ulan, inday-inday pa man ni. ~ Das ist kein Regen, es nieselt nur ab und zu.”
Aehm… – …hab mich heut etwas verplaudert, ist spaeter geworden.
Gemaesz “ManilaStandard”, “ManilaTimes”, “GMANews”, “Spiegel”, “PhilStar”, “ManilaBulletin”, “SCMP” u.a.
Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.
Die Veröffentlichung in den PHILIPPINEN NACHRICHTEN erfolgt mit der Erlaubnis von Heiko Eckhard.