…aus der philippinischen Presse
PRESSESCHAU VON HEIKO ECKARD
Sonntag, den 26. August 2018
Der Philosoph Wilhelm Schapp… – …hat zur “Philosophie der Geschichten” geschrieben. Er meint, dass wir nur Geschichten verstehen. Wenn wir etwas nicht verstehen, fragen wir, und bekommen eine Geschichte, die das erklaert. Verstehen wir daran etwas nicht, fragen wir wieder und – bekommen eine Geschichte, die besser passt, und so weiter. Wir kommen aus den Geschichten nicht heraus. Immer bewegen wir uns in Geschichten, und so ist der Titel von Schapps erstem Buch zu diesem Thema “In Geschichten verstrickt.” Es geht nie um Worte oder Saetze, erst eine Geschichte stellt uns zufrieden.
Nun war Schapp kein weltfremder Professor an einer Uni, sondern er hatte auch Jura studiert, und war Rechtsanwalt und Notar in Aurich. Aus seinen Erfahrungen vor Gericht ging ihm nach und nach auf, dass alle verhandelten Faelle vor Gericht als Geschichten dargestellt wurden. Und nicht nur die, auch verwickelte Personen wurden in Geschichten vorgestellt, so dass er schlieszlich feststellen konnte: “Die Geschichte steht fuer den Mann.”
Das Gericht ist so letzte Instanz, wie eine Geschichte zu sehen ist, und daraus entwickelte Schapp seine Philosophie, die auch mich ueberzeugt hat. Am Ende muss eine Geschichte sein, die passt, sonst hoert das Fragen nicht auf.
Am 24. August erschien im “Westfalenblatt” eine Meldung von einem Journalisten aus Ostwestfalen, der wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch in Butuan, Agusan del Norte, festgenommen wurde. Er hatte mit einem neun-jaehrigen Jungen im “Almont Inland Resort” eingecheckt; Zimmer-Preise laut deren Web-Seite 3.500 bis 6.500 Peso pro Nacht. Das “Westfalenblatt” erreichte den Mann auf seinem Handy in der Haft. Der sagte, “der Neunjaehrige sei der Sohn seiner Freundin, die in Manila lebe. Sie sei mit der Reise einverstanden gewesen. Er warte nun darauf, dass die Frau das schriftlich bestaetige.”
Die Meldung wurde vom Boulevard uebernommen und schlug im Netz Wellen. Auf die Kommentare dort will ich nicht eingehen: Facebook ist nun mal die digitale Jauchegrube im Netz. Und da es in Missbrauchs-Faellen meist keine Beweise gibt, wenn nicht jemand ein Video dabei aufgenommen hat, interessiert mich die Frage aus der Sicht, die Schapp zur Philosophie der Geschichten gebracht hat – vor Gericht. Dem “Westfalenblatt” hat der Mann seine Geschichte bereits erzaehlt, doch was erzaehlt er dem Richter?
Richter in den Philippinen wissen, dass dieses Land weltweit bei Kinderfickern beliebt ist. Erst im Juni kam die Nachricht, dass die niederlaendische Polizei einen Kinder-Sex-Ring in den Philippinen gesprengt hat, wo “Kunden” aus aller Welt per Chat sagen konnten, was mit den Kindern von 5 Monaten bis 12 Jahren anzustellen sei. Die Preise lagen zwischen 15 und 25 Euro pro “Show”. Die Akteure vor Ort waren die Eltern oder Groszeltern der Opfer.
Das wissen Richter hier, das ist “gerichtsnotorisch”. Nun kommt ein deutscher Tourist, fliegt zu seiner Freundin nach Manila, und nimmt von dort nicht seine Freundin, sondern allein deren neun-jaehrigen Sohn mit fuer einen Urlaub in Mindanao – welche Geschichte kann er erzaehlen, die passt und dem Richter klar macht, wofuer der Mann steht, und dass es nicht so ist wie nun alle denken?
Wo ich grad bei Gericht bin – Praesident Rodrigo Roa Duterte hat gestern die Fuehrende auf der Vorschlags-Liste des JBC (Judicial and Bar Council), Teresita de Castro, zur Obersten Richterin ernannt. Das wird ein kurzes Gastspiel, denn am 8. Oktober geht sie in den Ruhestand. Justiz-Minister Menardo Guevarra: “Ihre Ernennung zur Obersten Richterin ist das passende Finale ihrer illustren Karriere sowohl im Justiz-Ministerium als auch in der Rechtsprechung.”
De Castro ist eine der Richter des Obersten, die fuer den Rauswurf der Ex-Fake-Richterin Maria Lourdes Sereno gestimmt haben, und gegen die daher Edcel Lagman und seine “Magnificent Seven” der Opposition einen Antrag zur Amtsenthebung gestellt haben. Ich hab die gestern falsch als “Glorious Seven” erinnert, doch muessten sie gerechterweise “Lost Seven” heiszen, denn sie sind noch nie mit einem Antrag durchgekommen.
Sie werden das auch diesmal nicht, bei de Castro schon aus Zeitgruenden. Darauf geht heute der Leitartikel der “Manila Times” ein und meint in der Ueberschrift “Eine Drehtuer ist nicht gut fuer das Oberste Gericht”. Im Artikel heiszt es dazu: “Es waere unfair gegenueber de Castro, eine vollendete philippinische Richterin, wenn ihre Ernennung von der Oeffentlichkeit wahrgenommen wuerde als schlichte Belohnung fuer die Hilfe Sereno aus dem Amt zu jagen. De Castros Ernennung erinnert an die Drehtuer-Politik beim Militaer, welche Generalen nahe der Pensionierung oft noch den vierten Stern verpasst, um das Korps bei Laune zu halten.” Das sei dem Obersten Gericht nicht angemessen.
Man koennte aber auch der Meinung sein, dass es ein gerechter Ausgleich sei, da der Posten zuvor rechtswidrig usurpiert wurde. Denn tatsaechlich – da das Amt der Sereno vom Obersten Gericht fuer “von Anfang an null und nichtig” erklaert wurde, jene also de iure nie Oberste war – ist de Castro nun die erste weibliche Oberste dort. Und die hat fuer den Ruhestand schon verdient, dass auch ihre Pensions-Bezuege noch einen kleinen Auftrieb erhalten.
Bleiben wir bei Gericht… – …auch wenn es jetzt um ein Standgericht geht. Die NPA (New People’s Army) ist in Makilala, North Cotabato, in das Haus der Eheleute Felix (50) und Teresita (51) Abaniel eingedrungen und hat die zwei mit Sturmgewehren erschossen. Die Abaniels waren frueher Mitglieder der NPA, schworen Anfang des Jahres ab und nutzten das Amnestie-Programm der Regierung, das ehemalige Rebellen unterstuetzt. Offenbar hapert es jedoch mit dem Schutz der Abtruennigen.
Auf der anderen Seite zeigt dies, wie absurd das Festhalten Dutertes an Friedens-Gespraechen ist, der trotz aller Anwuerfe in Davao grad wieder sagte: “Wenn es geht, will ich wirklich nicht mit euch kaempfen. Das ist meine Mission. Ich will Frieden fuer mein Land.” Man kann mit den Mord-Brennern nicht reden, die sich in Makilala ein bequemes Leben geschaffen haben. Der Polizei-Chef dort, Bernard Tayong, bestaetigt dass es in Makilala eine starke NPA-Praesenz gibt, die von den Einwohnern Lebensmittel sammelt und regulaer Revolutions-Steuern eintreibt. Und Abtruennige werden bei der NPA rigoros mit Erschieszen bestraft, so laeuft die “Volks-Justiz” bei “Joma” Sisons Spieszgesellen.
Wann entscheidet welches Gericht endlich, dass diese Moerder eine terroristische Vereinigung sind? Soweit ich weisz, wurde der Antrag im November letzten Jahres gestellt, und Beweise gibt es da doch wirklich genug. Die Geschichte wenigstens ist klar.
Gemaesz “Westfalenblatt”, “ManilaBulletin”, “ManilaTimes” u.a.
Mein Name ist Heiko Eckard. Ich wurde 1946 in Werries – Deutschland – geboren, besuchte das Neusprachliche Gymnasium in Hamm, studierte Philosophie und Mathematik in Münster und arbeitete als Programmierer in München, Nürnberg und Fürth. Nach meiner Pensionierung ging ich 2011 mit meiner Frau Ofelia Villaflores Eckard in ihre Heimat, General Santos City – Philippinen. Auf dieser Seite beschreibe ich, was mir aus der philippinischen Presse ins Auge sticht.
Die Veröffentlichung in den PHILIPPINEN NACHRICHTEN erfolgt mit der Erlaubnis von Heiko Eckhard.